Onboarding Steuerkanzlei

Tut endlich etwas!

Teil 2: Welche Rolle der Onboarding-Prozess für die Bindung an Ihre Kanzlei hat

Menschen reagieren sehr sensibel, wenn es um die Frage geht, ob sie sich in einer Umgebung wohl fühlen. Wenn sie es tun, sind sie entspannt und können sich entfalten. Dies führt dazu, dass sie sich gerne dort aufhalten und die Umgebung wertschätzen. Damit entwickelt sich eine Bindung. Die Bindung an Ihre Kanzlei. Die gute Nachricht lautet: Diesen Prozess können Sie positiv beeinflussen, indem Sie dafür sorgen, dass ein neues Teammitglied gut in Ihrer Kanzlei ankommt, sowie sich willkommen und wertgeschätzt fühlt. Und genau das verbirgt sich hinter dem Onboarding-Prozess. Unter „Onboarding“ versteht man die Integration und Einarbeitung neuer Mitarbeitender ins Unternehmen.

Wie können Sie den Onboarding-Prozess konkret gestalten?

Jede Kanzlei hat eine einzigartige Struktur, mit einem spezifischen Mandantengefüge und einer individuellen Kultur. Dennoch können Sie sich beim Aufbau des Onboarding-Prozesses an einem allgemeinen Gerüst orientieren.

Grundsätzlich lässt sich der Onboarding-Prozess in drei Phasen unterteilen:

  1. Phase: Vor Arbeitsbeginn
  2. Phase: Der erste Arbeitstag
  3. Phase: Die Zeit bis zum Ende der Probezeit

Vor Arbeitsbeginn gilt es, die gegenseitige Erwartungshaltung zu klären. Sie sollten zum einen erörtern, was Sie von der Person und ihrer Arbeit erwarten. Ebenso bedeutsam ist es, zu erfragen, was für das potenziell neue Teammitglied wichtig ist, um motiviert und eigenständig arbeiten zu können.

Darüber hinaus ist es hilfreich, über die Regeln in Ihrer Kanzlei zu sprechen und darzulegen, wie die Dinge bei Ihnen laufen.

Wenn alle Fragen und Details geklärt sind, geht es darum, die zweite Phase vorzubereiten.

Der erste Arbeitstag entscheidet darüber, ob sich beim neuen Teammitglied ein Gefühl der Zugehörigkeit entwickelt. Den ersten Eindruck, den dieser Tag hinterlässt, kann man nicht nachholen!

Um diesen positiv zu beeinflussen können Sie viel tun:

  • Bereiten Sie alles vor, was die Person benötigt (Arbeitsplatz/ Schlüssel/ Zugänge/ E-Mail-Adresse/ Visitenkarten/ …).
  • Sorgen Sie dafür, dass alle in der Kanzlei Bescheid wissen, dass das neue Teammitglied kommt und alle den Namen und die Position kennen.
  • Begrüßen Sie die Person persönlich.
  • Machen Sie einen gemeinsamen Rundgang durch die Kanzlei.
  • Stellen Sie der Personen einen Paten oder eine Patin zur Seite.
  • Nehmen Sie sich zum Abschluss des Tages Zeit für ein kurzes Feedback und fragen Sie, wie es der Person ergangen ist und ob ihr irgendetwas gefehlt hat.

Für die Vorbereitung des ersten Arbeitstages bietet es sich an, eine Checkliste anzulegen.

Nach dem ersten Arbeitstag startet die dritte Phase, die Zeit bis zur Entscheidung, ob Sie die Person fest einstellen wollen. Es geht um eine aktive Gestaltung der Probezeit.

Die Probezeit ist für beide Seiten ein Test, ob man zueinander passt. Sie ist aber auch ein wichtiger Zeitraum, um die Person wirklich ins Team zu integrieren und an die Kanzlei zu binden. Bleiben Sie zu diesem Zweck nah dran und führen Sie regelmäßige Gespräche.

Es geht darum, dafür zu sorgen, dass die Person genau weiß, wo sie steht. Dies wird häufig unterschätzt, nach dem Motto: Wenn ich nichts sage, ist alles in Ordnung. In der klaren Orientierung liegt jedoch ein wesentlicher Aspekt für gute Leistung.

Wenn die Person genau weiß, wo sie steht, hat sie Klarheit und dies führt zu Sicherheit. Wenn sie sich sicher fühlt, kann sie sich frei entfalten, ihr Leistungspotenzial abrufen und hat den Blick frei für Verbesserungsvorschläge und Innovationen.

Um also eine Einschätzung zu geben, wo die Person mit ihrer Leistung steht, ist es relevant Kriterien festzulegen, anhand derer Sie die Leistung messen.

Wie gehen Sie das nun konkret an?

Folgende Gespräche und Zeitabschnitte haben sich bewährt:

  • Nach einer Woche: Fragen Sie, wie die Woche war und ob es Dinge gibt, die sich die Person anders gewünscht hat. Gehen Sie ebenfalls auf Dinge ein, die Ihnen aufgefallen sind, sowohl positive wie negative.
  • Nach einem Monat: Reflektieren Sie die Leistung anhand der festgelegten Kriterien.
  • Nach drei Monaten: Geben Sie einen Ausblick in Hinblick auf eine feste Zusammenarbeit von Ihrer Seite und fragen Sie auch, wie die Person selber dazu steht. Besprechen Sie mögliche Änderungswünsche.
  • Sechs Wochen vor Ende der Probezeit: Benennen Sie klar die Perspektive und definieren Sie gegebenenfalls den Entwicklungsauftrag. Formulieren Sie diesen ganz konkret bezogen auf sichtbares Verhalten.

(Nicht: „Ich wünsche mir, dass Sie zuverlässiger werden“. Sondern: „Können wir uns darauf einigen, dass Sie Arbeitsaufträge zukünftig in der vorgegebenen Zeit erledigen oder sich melden, sobald absehbar ist, dass es eng wird?“)

Mit dem Onboarding ist der Recruiting-Prozess abgeschlossen. Um jedoch dafür zu sorgen, dass die Bindung und Zufriedenheit hoch bleiben, sollten Sie auch weiterhin einen regelmäßigen Austausch pflegen.

Fazit

Sie sehen, die Fachkräftegewinnung ist nicht so aussichtslos, wie sie häufig dargestellt wird. Es erfordert lediglich die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, ein strategisches Angehen und einen Prozess aufzubauen, der die Weichen dafür stellt, dass gewonnene Mitarbeitende auch in der Kanzlei bleiben.

Erscheint Ihnen das Vorgehen sinnvoll, befürchten Sie bei der Umsetzung aber – wie so oft –mitten im Prozess stecken zu bleiben, weil immer so viel zu tun ist und die Telefone nicht stillstehen? Dann kann es hilfreich sein, sich dabei professionell begleitet zu lassen. Dies sichert eine nachhaltige und konsequente Umsetzung.

In Teil I der Artikelreihe dreht sich alles um strategisches Recruiting.

Foto: Adobe Stock/©Jo Panuwat D