Kanzleistrategie

Kanzleistrategie: Was ist das?

Wie jedes Unternehmen sollte auch eine Kanzlei ihre eigene Strategie verfolgen. Das Wort „Kanzleistrategie“ allerdings bereitet vielen Berufsträgern Unbehagen. Schuld daran sind häufig schlechte Erfahrungen mit Strategie-Entwicklungen. Nicht selten versuchen sich Kanzlei-Partner selbst daran und scheitern an der Umsetzung oder bereits die Entwicklung führt zu stundenlangen Diskussionen und dabei heraus kommt gefühlt nichts.

Was ist eine Kanzleistrategie?

Es gibt sicher tausende Definitionen, was eine Strategie im Allgemeinen ist. Clausewitz – von vielen Juristen verehrt – formulierte: „Das Wesentliche der Strategie ist die grenzenlose Formbarkeit im Angesicht nicht vorhersehbarer Ereignisse.“ Damit war er sicher näher dran als all die Definitionen, die vermitteln, Strategie sei eine feste Marschroute und wenn man auf ihr bleibe, führe das zum Erfolg. Richtig ist, dass die Strategie mit fundamentalen Entscheidungen zu tun hat. Das gilt für Unternehmen ebenso wie für Kanzleien. Folgende Fragen muss man sich als Grundlage für die Kanzleistrategie-Entwicklung stellen:

  1. Wer ist mein Mandant?
  2. Welche realen oder potentiellen Probleme hat mein Mandant? (Welche Dienstleistung kann ich ihm also verkaufen?)
  3. Wie will ich erreichen, dass mein Mandant die anwaltlichen Dienstleistungen/Lösungen/Produkte kauft?

Wenn man im B2B-Bereich (häufig wirtschaftsrechtlich orientierte Kanzleien mit Unternehmensmandanten und Beratungsaufträgen) aktiv ist, sollte man die Frage stellen, welche Probleme sich aus den Geschäftsfeldern der Unternehmensmandanten ergeben.

Warum benötigen Sie eine Kanzleistrategie?

Die Strategie ist Ihr Orientierungspunkt. Sie benötigen Sie, um sich zu konzentrieren – auf Ihre Zielgruppe, auf Ihre Zielmandate und darauf, welche Produkte Sie entwickeln müssen. Außerdem zwingt eine Strategie dazu, konkrete Vertriebswege festzulegen und vor allen Dingen Vertriebsaktivitäten auch zu entfalten. Auch wenn der Begriff „Vertrieb“ für Anwälte befremdlich erscheint, geht es genau darum. Sie vertreiben eine vertrauensbasierte Dienstleistung und müssen sich deshalb im Vertrieb besonders darüber Gedanken machen, wie Sie Vertrauen kreieren – gerade in Zeiten des Internets.

Ihre Strategie soll Ihnen helfen, Ihre Kanzleiziele geordnet zu erreichen. Beim Formulieren Ihrer Kanzleistrategie helfen folgende Fragen:

  1. Kanzlei-Mission: Warum gibt es Ihre Kanzlei? Haben Sie einen Schwerpunkt oder liegt Ihre Mission im Abdecken sämtlicher rechtlicher bzw. steuerfachlichen Fragestellungen?
  2. Kanzlei-Werte: Wofür steht Ihre Kanzlei? Was sind die Grundwerte, die möglichst von allen vertreten werden (können)? Was prägt Ihr Handeln?
  3. Kanzlei-Vision: Was wollen Sie mit Ihrer Kanzlei erreichen? Wohin wollen Sie?
  4. Erwartungshaltung der Partner: Was wird von der Kanzlei erwartet?
  5. Kanzleiziele (langfristig): Wo wollen Sie mit der Kanzlei hin? Wo wollen Sie in 2, 5 und 10 Jahren stehen?
  6. Kanzleistrategie: Wie wollen Sie die definierten Kanzleiziele erreichen?
  7. Erfolgsmessung: Woran wird sichtbar, ob Kanzleiziele erreicht werden und ob Kanzleistrategien erfolgreich sind?
  8. Strategischer Maßnahmenkatalog: Was muss im Einzelnen getan werden, um die Kanzleiziele zu erreichen?
  9. Mitarbeiter-Ziele: Was wird von Mitarbeitern im Bestreben, die Kanzleiziele zu erreichen, erwartet?
  10. Handlungsanweisungen: Was soll welcher Akteur der Kanzlei (Partner, Associate, Assistent, Sekretariat) konkret tun? (Maßnahmenplan mit festgelegten Realisationszeiten)

Wie lassen sich Kanzleistrategien erfolgreich umsetzen?

Die erfolgreiche Umsetzung von Kanzleistrategien folgt einfachen Prinzipien, deren konsequente Beachtung über den Erfolg und Misserfolg von Kanzleistrategien entscheiden:

  1. Werden Sie aktiv!
  2. Geben Sie – und zwar innerhalb der kompletten Kanzlei – eine klare Richtung vor.
  3. Steuern Sie die Verwirklichung Ihrer Kanzleistrategie, indem Sie Maßnahmen kontrollieren und auf eine Umsetzung der einzelnen Schritte drängen.
  4. Leben Sie – als Kanzleiführung – höchstes Engagement vor und leben Sie die Priorität der Kanzleistrategie.
  5. Kaskadieren Sie konsequent die bevorstehenden Aufgaben bei der Umsetzung der Kanzleistrategie.
  6. Reden Sie! Reden hilft! Sie geben den Mitarbeitern so das Gefühl der Mitbestimmung und bauen Umsetzungsblockaden ab.
  7. Nehmen Sie Ihre Mitarbeiter ernst – greifen Sie Bedenken auf und diskutieren Sie selbst dann, wenn es Ihnen schon lästig erscheint.
  8. Feiern Sie Fortschritte und die Umsetzung von Zwischenschritten.
  9. Fordern Sie von allen Akteuren Feedback ein.
  10. Sichern Sie Erreichtes und bauen Sie darauf auf.
  11. Lassen Sie Ihre Vision zum Alltag werden.

Handlungsempfehlung:

Jede Kanzlei, die sich der Aufgabe widmen möchte, das eigene Handeln durch eine Kanzleistrategie zu koordinieren, sollte bereit sein, sich einem wortreichen Prozess zu stellen. Kanzleistrategie hat kein Ende, ist kein starrer Prozess, sondern verlangt Dynamik, Innovation und regelmäßige Anpassung. Nicht selten ist der Entwicklungsprozess anstrengend, aber wer ihn durchlebt, erlebt gleichsam eine persönliche Entwicklung und das Gefühl, Teil eines Ganzen (Großen) zu sein und Erfolg aktiv zu gestalten.

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