Künstlersozialversicherung

Künstlersozialversicherungsgesetz und Künstlersozialkasse Teil I: relevant auch für Kanzleien?

Auch Unternehmen, bei denen man auf den ersten Blick nicht an eine Verpflichtung zur Künstlersozialabgabe denken würde, wie beispielsweise Rechtsanwalts- oder Steuerberatungskanzleien, können von der Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) betroffen sein.

Insofern ist es sinnvoll und hilfreich, zu wissen, wann die Abgabepflicht Kanzleien tatsächlich betrifft und welche Auswirkungen das ganz konkret hat. In Teil I unseres Beitrags klären wir deshalb darüber auf, was die „KSK“ genau ist und wen die Abgabepflicht ganz konkret betrifft. In Teil II unseres Beitrags erfahren Sie, welche Verpflichtungen abgabepflichtige Kanzleien genau treffen.

Was ist das Besondere an der Künstlersozialversicherung?

Bei der der Künstlersozialversicherung handelt es sich um eine Besonderheit im System der Sozialversicherung, damit selbstständige Künstler und Künstlerinnen, sowie Publizisten und Publizistinnen unter bestimmten Voraussetzungen in den Schutz der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung einbezogen werden. Hintergrund hierfür ist, dass der Gesetzgeber in den 70er Jahren erkannt hat, dass selbstständige Künstler und Künstlerinnen in der Regel stark schwankende und unregelmäßige Einkünfte haben und daher eines besonders starken sozialen Schutzes bedürfen. Durch das KSVG erhalten künstlerisch und journalistisch tätige Freiberufler:innen nun die gleiche soziale Absicherung wie Festangestellte. Dies betrifft die gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung, nicht jedoch die Arbeitslosenversicherung.

Die Beiträge zur Künstlersozialversicherung zahlen die Versicherten selbst zu 50 %, wobei Bemessungsgrundlage das jeweilige voraussichtliche Jahreseinkommen aus künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit ist – die andere Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge wird zu 20 % vom Bund und zu 30 % von den Unternehmen gezahlt, welche die künstlerischen und publizistischen Leistungen verwerten.

Wer ist zu Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet?

Das regelt § 24 KSVG. Als Unternehmer i. S. v. § 24 KSVG ist jedes Wirtschaftsgebilde im Sinne von § 10 SGB X anzusehen, d. h. es fallen sowohl natürliche und juristische Personen als auch rechtsfähige Vereinigungen darunter. Darüber hinaus können auch nicht rechtsfähige Vereinigungen (z. B. nicht eingetragene Vereine) und BGB-Gesellschaften als Unternehmer im Sinne von § 24 KSVG anzusehen sein. D. h. auch Rechtsanwaltskanzleien und Steuerberatungskanzleien in jeder beruflichen Ausübungsform können unter die Abgabepflicht fallen.

Voraussetzung ist weiter, dass die Unternehmer eine nachhaltige, nicht nur gelegentliche Tätigkeit ausüben, die einem der in § 24 KSVG genannten Zwecke dient.

Eine konkrete, aber nicht abschließende Auflistung der Unternehmen, die typischerweise künstlerische oder publizistische Leistungen in Anspruch nehmen und damit abgabepflichtig sind, listet § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG auf. Darunter fallen z. B. Verlage, Theater, Konzert- und Gastspieldirektionen, Rundfunk- und Fernsehsender, Musiklabels, Galerien etc. Darüber hinaus sind nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG auch solche Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, die zwar keine typische Tätigkeit i. S. v. Abs. 1 ausüben, aber Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler:innen und Publizist:innen vergeben.

Was fällt unter Werbung und Öffentlichkeitsarbeit?

Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzung auf zahlreiche Wirtschaftsunternehmen bzw. Kanzleien zutrifft. Denn unter den Begriff der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen fallen zahlreiche übliche Aktivitäten und Tätigkeiten wie:

  • Presse- und Medienarbeit (Pressekonferenzen, Pressemitteilungen etc.)
  • Publikationen (Broschüren, Jahresberichte etc.)
  • Veranstaltungen (Ausstellungen, Preisverleihungen etc.)
  • Sonderaktionen, Werbemittel usw.

Das bedeutet, dass eine Abgabepflicht beispielsweise bereits vorliegen kann, wenn z. B. ein Unternehmen seine Homepage von einem Webdesigner gestalten lässt oder Texte dafür in Auftrag gibt oder wenn Unternehmen Künstler und Künstlerinnen für Firmenfeiern engagieren.

Weitere Voraussetzungen für eine Abgabe zur Künstlersozialversicherung

Weitere Voraussetzung für eine Abgabe zur Künstlersozialversicherung ist jedoch nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG, dass diese Aufträge nicht nur gelegentlich erteilt werden. Dies ist jedoch bereits dann der Fall, wenn Aufträge regelmäßig in größeren Abständen erteilt werden. Ein Auftrag einmal pro Jahr (z. B. immer an Weihnachten für die Weihnachtskarte) genügt bereits. Die Regelung in § 24 Abs. 2 Satz 2 KSVG, wonach eine nur gelegentliche Erteilung von Aufträgen dann vorliegen soll, wenn in einem Kalenderjahr nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt werden, ist nach der Rechtsprechung des BSG nur eine Auslegungshilfe.

Sollten die Voraussetzungen von § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 KSVG nicht erfüllt sein, gibt es in § 24 Abs. 2 Satz 1 KSVG eine „Generalklausel“ als Auffangtatbestand: Zur Künstlersozialabgabe sind auch solche Unternehmer verpflichtet, die nach ihrem Unternehmenszweck nicht typische Verwerter sind, jedoch regelmäßig Werke oder Leistungen selbstständiger Künstler:innen oder Publizist:innen für Zwecke ihres Unternehmens in Anspruch nehmen und in diesem Zusammenhang Einnahmen erzielen. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn ein Hotel regelmäßig eine selbstständige Pianistin für die Hotelbar engagiert.

Für § 24 KSVG sind nur solche Aufträge relevant, die an selbstständige Künstler:innen oder Publizist:innen vergeben werden. Es ist jedoch nicht Voraussetzung, dass die Künstler:innen oder Publizist:innen erwerbsmäßig tätig sind. Auch Aufträge an Amateure fallen unter § 24 KSVG. Außerdem ist es nicht Voraussetzung, dass die beauftragten Künstler:innen selbst Mitglied der KSK sind. Grundsätzlich kann auch bei Aufträgen bzw. Zahlungen an Gesellschaften (GbR, juristische Personen und nach neuerer Rechtsprechung des BSG u. U. auch an Personenhandelsgesellschaften) eine Abgabepflicht entstehen.

Nicht abgabepflichtig sind dagegen Zahlungen an juristische Personen wie eine GmbH. In diesen Fällen unterliegen allerdings die von der GmbH an selbstständige Künstler und Künstlerinnen gezahlten Entgelte der Abgabepflicht.

Sofern man ganz sicher gehen möchte, ist es möglich, im Zweifel bei der KSK nachzufragen.

Im zweiten Teil der Artikelserie erfahren Sie, welche Verpflichtungen Kanzleien treffen, die von der KSK-Abgabepflicht betroffen sind – hier lesen.

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