Kanzleistrategie

Die Köpfe der Branche: aHa Strategische Kanzleientwicklung

„Am schönsten finde ich es, wenn wir Anwaltskanzleien ganzheitlich betreuen können.“

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Kanzleistrategie kann bei vielen Berufsträger:innen Unbehagen auslösen – nicht zuletzt weil Kanzleien in Sachen Coaching mit Agenturen ohne klaren Branchenfokus nicht immer gute Erfahrungen machen. Die Beratungsagentur aHa Strategische Kanzleientwicklung hat einen deutlichen Vorteil gegenüber Allgemeinagenturen: Gründerin Anette Schunder-Hartung ist seit über drei Jahrzehnten selbst Juristin und berät Kanzleien nach ihrer Ausbildung zum Business Coach entlang der gesamten juristischen Wertschöpfungskette. Im Interview verrät sie, warum Sie nicht erst bei der Außendarstellung ansetzt, und was ihr an der Zusammenarbeit mit Kanzleien besonders gefällt.

Frau Dr. Schunder-Hartung, Sie haben sich mit Ihrer Agentur auf die Bereiche Kanzleientwicklung und Kanzleimarketing spezialisiert. Warum diese besondere Zielgruppe?

Weil es meine eigene Berufsgruppe ist. Ich bin seit über 30 Jahren Juristin, genauso lange habe ich in unterschiedlichen Funktionen als leitende Redakteurin gearbeitet. Mein Mann ist Chefredakteur einer juristischen Zeitschriftengruppe und unsere beiden jüngeren Kinder sind auch wieder Juristen geworden, da kennt man sich in der Branche von der Pike auf aus.

Was genau bietet Ihre Agentur an?

Seitdem ich vor fast zehn Jahren noch eine zertifizierte Coaching-Ausbildung gemacht habe, beraten wir entlang der gesamten juristischen Wertschöpfungskette. In der Praxis heißt das vor allem, dass wir nicht erst in der Außendarstellung ansetzen. Ein vorgelagerter Schwerpunkt ist die Organisationsentwicklung von Praxisgruppen und Standorten, flankiert von Krisenintervention und Coaching. Letzteres setze ich häufig ein, wenn es um Effektivitätsfragen und Umsatzziele geht. Auch das Networking auf Augenhöhe spielt eine große Rolle.

Seit 2011 moderiere ich zwischen Düsseldorf und München zweimonatliche Anwaltsrunden, in denen die großen Themen der Branche zur Sprache kommen. Hinter verschlossenen Türen diskutieren wir sozietätsübergreifend nicht nur inhaltliche Fragen wie Geldwäscheprävention oder HR-Effekte der digitalen Transformation. Es werden auch Situationen angesprochen, in denen es mal nicht so klappt. Das Ganze führt dann übrigens häufig zu dem Effekt, dass unsere Teilnehmenden sich gegenseitig empfehlen. In der Außendarstellung wiederum sind es vor allem Pitches, Rankings und Pressemitteilungen, bei denen mir mein enger Kontakt zu den früheren Kolleg:innen in der Redaktion zugutekommt.

In welchen Themenbereichen Ihrer Agentur arbeiten Sie selbst am liebsten?

Am schönsten finde ich es, wenn wir Anwaltskanzleien ganzheitlich betreuen können. Der britische Management-Berater Peter Drucker hat einmal gesagt: „Culture eats strategy for breakfast“. Nur mit einer erkennbaren, unterscheidbaren Kanzleikultur lassen sich nachahmungsfeste Strategien entwickeln und vermitteln. In einer Zeit, in der Big Data und Algorithmen Informationen zunehmend selbst verarbeiten können, sind entsprechend herausgearbeitete besondere Merkmale wichtiger denn je. Zudem erlangen die früher so gerne belächelten Soft Skills zunehmende Bedeutung. Wer nach innen und außen gut kommuniziert, verschafft sich vor KI aller Art einen erheblichen Vorsprung. Anwält:innen, die hier noch besser werden wollen, sind ein besonders angenehmes Publikum.

Was mögen Sie an der Zusammenarbeit mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten besonders?

Dass sie strukturierte, kluge Menschen sind, die normalerweise ihre Arbeit lieben. Einerlei, ob man sie im engeren Sinne strategisch berät oder sie coacht: Sie sind ein konzentrierter, eigenverantwortlicher Menschenschlag. Auch, dass Zeit Geld ist, kommt meiner eigenen Arbeitsweise sehr entgegen – die Arbeit mit Menschen, die schon nach dem Mittagessen auf die Uhr schauen, liegt mir nicht.

Was hingegen mögen Sie an der Zusammenarbeit nicht?

Zuweilen führen sich die Kolleg:innen selbst aufs Glatteis: Sie können reden, sie verstehen etwas von der Materie, deswegen haben sie anfangs oft den Eindruck, dass sie gar keine Unterstützung brauchen. Das ist im Verhältnis zu uns als ihren Dienstleistern aber nicht anders als im operativen Zusammenspiel von Anwält:innen und Syndikusanwält:innen: Auch letztere kennen sich in ihrer Materie aus, greifen aber lieber auf anwaltlichen Rat zurück, wenn es draufankommt. Ein weiteres Thema, dessen Bedeutung aber zum Glück abnimmt, ist ein gewisses Statusdenken. Anwält:innen lassen sich von Menschen, die sie nicht für satisfaktionsfähig halten, nicht gerne etwas sagen. Wenn ich in solchen Fällen erst einmal Prädikatsexamen und summa-Dissertation erwähnen muss, ärgere ich mich hinterher über mich selbst.

Was war bisher ihre ausgefallenste Idee für eine Kanzlei im Marketing?

In der Praxis gab und gibt es über die Jahre so einige Tricks und Kniffe. Am gelungensten finde ich aber immer die, bei der die Adressaten gar nicht merken, dass es welche waren. Deshalb möchte ich mich für meine anwaltlichen Mandanten an dieser Stelle gerne in Schweigen hüllen.

Warum sollten Kanzleien auf spezialisierte Agenturen setzen?

Der Anwaltsmarkt und seine Protagonist:innen weisen viele Besonderheiten auf. Anwält:innen sind Freiberufler:innen, keine Gewerbetreibenden. In Kanzleien sind sie partnerschaftlich organisiert, ihre Hierarchien sind viel flacher als die der meisten Unternehmen. Die Zahl der Entscheider:innen ist einfach viel größer. Außerdem tun sich Anwält:innen oft schwer damit, das, was sie auszeichnet, in spannende Sätze zu gießen. Gleichzeitig sind im B2B-Bereich auch viele Adressat:innen ihrer Botschaften juristisch vorgebildet. Sowohl Mandant:innen als auch Pressevertreter:innen erwarten dann beides: Schnelle, kompakte, aber trotzdem juristisch saubere Informationen. Allgemeinagenturen, die heute einen LKW-Logistiker und morgen einen Klebstoffhersteller vertreten, können diesem Anforderungsmix nicht genügen.

Frau Dr. Schunder-Hartung, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

Foto: Nuthawut