Das Thema Vertrieb spielt in der juristischen Ausbildung keine Rolle – ist aber für den wirtschaftlichen Erfolg einer Kanzlei unerlässlich. Als spezialisierte Kanzleiberaterin und Systemischer Coach arbeitet Liane Allmann seit mehr als 20 Jahren ausschließlich mit Anwaltskanzleien, Steuerbüros und Wirtschaftsprüfungen zusammen. Dabei berät sie vor allem in den Bereichen Kanzleistrategie, Geschäftsentwicklung und Kommunikation. Im Interview verrät sie, was ihr besonders am Herzen liegt und warum ihr Zusammenarbeit mit Kanzleien besonders gefällt.
Sie haben sich mit Ihrer Agentur auf den Bereich „Strategie und Vertrieb in Kanzleien“ spezialisiert. Warum diese besondere Zielgruppe?
Das begann bereits vor mehr als 20 Jahren. Schon damals habe ich mich mit der Anwaltschaft, Akquisition, Vertrieb und Vertrauensbildung befasst. Warum diese Zielgruppe? Nun, weil sie genau in den genannten Bereichen Unterstützung braucht. Hier greife ich ein.
Initial allerdings entwickelte sich das Thema aus dem Privaten heraus. Ich war mit Anfang zwanzig mit einem Unternehmensjuristen zusammen und wunderte mich immer, warum der „so komisch“ war im Umgang mit Sprache und Rechtssuchenden. Das hat mich dann nicht mehr losgelassen. Meine Diplomarbeit (ich habe Internationales Business studiert) habe ich dann schon zu dem Thema „Betriebswirtschaftliche Nutzpotentiale des Elektronischen Rechtsverkehrs“ geschrieben.
Was genau bietet Ihre Agentur an?
Bei mir dreht sich im weitesten Sinne alles um den Vertrieb anwaltlicher Dienstleistung, Geschäftsentwicklung und Themenführerschaft. Das beginnt bereits beim Mindset der Anwältinnen und Anwälte, bei ihrem Auftritt, ihrer Darstellung und Visibilität und geht über konkrete Strategie-Entwicklungen hin zu Themenfindung und Pitches (also Angebote an Mandantinnen und Mandanten) und Pressearbeit.
In welchen Themenbereichen Ihrer Agentur arbeiten Sie selbst am liebsten?
Ich persönlich liebe Vertrieb, aber auch das Systemische Coaching von Anwältinnen und Anwälten liegt mir sehr. Ich bin gern direkt mit Menschen im Austausch, mache mich zum Teil des Teams und veranstalte mit Begeisterung Trainings im Bereich Vertrieb anwaltlicher Dienstleistung, LinkedIn und Personal Branding sowie Emotional Selling.
Was mögen Sie an der Zusammenarbeit mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten besonders?
Sie sind schlau, haben Geschmack, sind regelmäßig enorm belesen, viele sind musikalisch und die allermeisten sind einfach auch sehr gute Typen. Das ist das Persönliche. Ansonsten reizt mich die Herausforderung, wie man Mandanten und Mandate gewinnt, pflegt und ausschöpft. Das ganze Business hat sehr viel mit Psychologie zu tun. Ich habe mich hier intensiv weitergebildet und tue das noch immer.
Was hingegen mögen Sie an der Zusammenarbeit nicht
Partiell gibt es unnötigen Zeitdruck und Prokrastination. Das finde ich persönlich manchmal lähmend. Und es kommt manchmal noch vor, dass man auf vermeintlich omnikompetente Anwältinnen und Anwälte trifft. Da ziehe ich mich allerdings raus. Ich kann niemanden beraten, der glaubt bereits alles zu wissen.
Was war bisher Ihre ausgefallenste Idee für den Vertrieb in einer Kanzlei?
Ideen müssen bei mir nicht ausgefallen sein, sondern wirken. Besonders gut fand ich die Platzierung zweier junger Anwälte (einer Frau und eines Mannes) zu einem ganz neuen Thema (damals „Der Cybervorstand“). Ziel war es, Vorstände und Aufsichtsräte für einen Schulungsbedarf und Beratung im Bereich Cybersecurity und Datenschutz zu sensibilisieren. Der Plan ging sehr gut auf. Für mich sind gute Ideen, Ideen, die sich amortisieren und zu Wachstum führen können. Deshalb setze ich auf Analyse, Strategie, Realisation und Evaluation.
Warum sollten Kanzleien auf spezialisierte Agenturen setzen?
Sie meinen jetzt auf eine Agentur wie meine? Nun – weil meine Erkenntnisse das Resultat von Erfahrungen, Reflektionen und Learnings sind. Für die Strategie halte ich das auf jeden Fall für überlegenswert.
Auf spezialisierte Marketing- oder Online-Agenturen sollten sie setzen, wenn sie Ziele formulieren können und strategische Überlegungen getätigt haben. In der Regel verstehen spezialisierte Agenturen anwaltliche Dienstleistung besser (starker Vertrauensfokus). Aber: Wenn man „normale“ Kreativagenturen sehr gut onboarded, kann man mittlerweile auch mit Agenturen arbeiten, die Kanzleien eben einfach nur als Dienstleister ansehen und noch nie etwas mit ihnen zu tun hatten. Wenn die Marschrichtung klar ist und das Budget festgelegt wurde, ist schon sehr viel erreicht.
Frau Allmann, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten.
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