Gendern

Sprache im Jahr 2022: Gendern (Teil II) – How to

Im ersten Teil dieser Beitragsreihe ging es um Bilder im Kopf, die Sprache schaffen – und um den bewussten Umgang mit Sprache, den dieses Phänomen notwendig macht. Teil I hat sich also mit einem Aspekt des „Warum“ des Genderns beschäftigt. Heute soll es nun um das „Wie“ gehen. Welche Methoden gibt es, gendersensibel zu schreiben, wann setzt man sie ein und welche Vorteile hat welche Methode?

Meine wichtigsten Methoden

Gendern wird von vielen auf den Genderstern reduziert. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Methoden, Sprache so zu gestalten, dass Männer, Frauen und Diverse erfasst werden. Aber wer sich die Gender-Methoden einmal bewusst macht, kann einen eigenen Stil entwickeln – einen Stil, der zum eigenen (Sprach-)Empfinden und Weltbild passt.

Genderstern und andere Genderzeichen

Nutzt man den Genderstern, Genderdoppelpunkt oder -unterstrich, kann man alle Menschen sprachlich einschließen. Wer also nicht nur Männer und Frauen, sondern auch Menschen ansprechen will, die trans- oder intergeschlechtlich sind oder die sich als nicht-binär (= weder als Frau noch als Mann) sehen, sollte eines dieser Zeichen nutzen, dann aber einheitlich und konsequent. Der Genderstern hat sich inzwischen mehr oder minder als bestes „Zeichen“ etabliert.

Anwendung: z. B. Mitarbeiter*innen, Rechtsanwält*innen, Steuerberater*innen

Die neutrale Formulierung

Die neutrale Formulierung ist eine weitere sehr gute Möglichkeit, einen gendersensiblen Text zu verfassen, der alle Menschen einbezieht. Kombiniert man den Genderstern und neutrale Formulierungen, hat das einen enormen Vorteil: Ein gegenderter Text wird so nicht zum „Sternenhimmel“ und erfasst doch alle, nicht nur Männer und Frauen.

Anwendung: z. B. „die Mitarbeitenden“, „das Team“ (je nach Kontext), „die Mandatsakquise“, „die Kanzlei“ statt „die Rechtsanwälte“. 

Die Doppelnennung

Die Doppelnennung erfasst im Gegensatz zum Genderstern nur Männer und Frauen. Diverse, die trans- oder intergeschlechtlich sind bzw. die sich als nicht-binär und damit weder als Frau noch als Mann sehen, erfasst die Doppelnennung nicht.

Anwendung z. B.: „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, „Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte“ oder „Mandantinnen und Mandanten“.

Ein Vorteil dieser Methode: Man kann so nicht korrekte Wortbestandteile vermeiden, die z. B. bei der Nutzung des Gendersterns entstehen. Denn ein häufig gegen den Genderstern genanntes Argument lautet am Beispiel Rechtsberatung: „Rechtsanwält“ als Teil von Rechtsanwält*innen“ ist kein korrektes Wort. Ein Argument, das ich tatsächlich verstehen kann. Denn ein Rechtsanwalt (männlich) ist eben kein „Rechtsanwält“. Also wäre hier die Doppelnennung „besser“ – aber eben um den Preis, dass dann nur Männer und Frauen erfasst sind.

Grundlegende Entscheidung: Männer und Frauen oder alle?

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, in Texten nicht nur Männer oder Frauen, sondern auch Menschen anzusprechen, die trans- oder intergeschlechtlich sind, oder die sich als nicht-binär sehen – das haben wir gerade gesehen.

Das bedeutet aber auch: Man sollte sich entscheiden, wie weit man den Kreis der Personen zieht, die man sprachlich einbeziehen will, bevor man an die Umsetzung geht.

  1. Will man wirklich alle Menschen sprachlich einbeziehen, kommt man um Sternchen und Co. nicht herum. Denn nur diese Zeichen erfassen wirklich alle Personen.
  2. Will man nur Männer und Frauen gleichberechtigt ansprechen, sind Sternchen und Co. nicht notwendig. Man kann auf andere Methoden zurückgreifen (Doppelnennung, neutrale Formulierung).

Mein Erfahrungswert: In Kanzleien sind Genderstern und Doppelpunkt oft noch ein nicht so gern gesehener Gast in Texten. Doppelnennung und neutrale Formulierungen stoßen hingegen auf weniger Widerstand bzw. fallen oft gar auf. Warum dann nicht mit der gleichberechtigten Nennung von Männern und Frauen und ohne Genderstern in das Thema langsam einsteigen?

Und wie setzt man das nun praktisch um?

Meine Tipps:

  1. Machen Sie sich schon beim Schreiben das Thema „Gendern“ bewusst – achten Sie also von Beginn an darauf, gendersensibel zu schreiben. Achten Sie bewusst darauf, über welche Personen Sie konkret schreiben, z. B. bei Veranstaltungsankündigungen oder -berichten.Waren nur Männer anwesend? Dann schreiben Sie nur von Männern („die Teilnehmer“), bei Frauen ebenso („die Teilnehmerinnen“). Wenn nicht nur Männer oder Frauen anwesend waren formulieren Sie es auch so: Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder Teilnehmer*innen. Das gilt übrigens auch im Singular – wenn ein Redner am Pult stand, schreiben Sie das auch. Wenn es eine Rednerin war, bitte ebenfalls.
  2. Korrigieren Sie Ihre Texte auch im Hinblick auf gendersensible Sprache. Das bedeutet: Der finale Text wird nicht nur auf Rechtschreibung korrigiert, sondern auch auf konsequentes Gendern. Bei mir achtet meine Lektorin z. B. darauf, ob ich konsequent geblieben bin.

Mein Fazit zum Thema Gendern

Gendersensible Sprache ist mehr als nur der Genderstern. Richtig angewendet verhunzt das Gendern die deutsche Sprache nicht, verändert sie aber natürlich – zum Guten, wie ich finde. Denn ein gut gegenderter Text – vor allem, wenn man bewusst Stern, neutrale Formulierungen und das Geschlecht zutreffend auch im Singular nutzt – ergibt schlichtweg ein zutreffendes Abbild der Realität und nicht eines durch eine vom generischen Maskulinum geprägte Brille.

 

Foto: Adobe Stock/kristina rütten