Bei Legal Design handelt es sich um eine nutzerzentrierte Herangehensweise, die das Recht einfacher und zugänglicher machen soll. Doch wie funktioniert Legal Design genau und für wen eignet sich die Methode? Rechtsanwältin und Beraterin für Legal Design Astrid Kohlmeier hat gemeinsam mit Design-Beraterin Meera Klemola das „Legal Design Buch“ geschrieben – und verrät im Interview, was Juristinnen und Juristen der Methode abgewinnen können.
Frau Kohlmeier, wie würden Sie einem Neuling „Legal Design“ ganz kurz erklären?
Legal Design ist das Einbetten von Design ins Recht und damit eine echte Kombination aus Recht und Design. Ziel ist es dabei, rechtlich wasserdichte Lösungen zu schaffen, gleichzeitig aber den jeweiligen Wissens- und Handlungsbedarf von unterschiedlichen Nutzenden zu erforschen und darauf basierend intuitive, sinnvolle und nützliche Lösungen zu entwickeln. Sie müssen also anwenderfreundlich sein. Die Instrumente für solche Ergebnisse sind kreative Problemlösungstechniken, die seit langer Zeit im Bereich Design genutzt werden.
Das reicht vom Befolgen des Designprozesses bis hin zur Anwendung verschiedener Designtechniken wie Grafikdesign, User Experience Design, User Interface Design und vieles mehr. Das Ergebnis sind einfache und anwenderfreundliche rechtliche Inhalte und Tools, die den Betroffenen befähigen, sein Recht zu verstehen und wahrzunehmen.
Wie ist die Idee für Ihr neues Legal Design-Buch entstanden?
Die Idee kam aus den täglichen Anfragen, die meine Co-Autorin und mich erreichten. Jeder wollte wissen, wo er sich in das Thema Legal Design einlesen könne. Nachdem es aber noch kein Grundwerk gab, mussten wir passen.
Wir haben es also wegen der großen Nachfrage nach Basiswissen geschrieben und dann gleich all unser Praxiswissen reingepackt, das wir in den vergangenen Jahren gesammelt haben. Dadurch ist ein extrem praktisch orientierter Leitfaden herausgekommen, der nicht nur den theoretischen Background des Themas beleuchtet, sondern Antworten auf konkrete Fragen und Aufgabenstellungen liefert.
Es gibt im Buch daher eine umfassende Begriffsklärung, konkrete Tipps und anwendbare Techniken für die Praxis sowie interessante Use Cases aus ganz unterschiedlichen Bereichen.
Wie kann das in der Praxis konkret aussehen? Und ist das ein Thema für kleine und große Kanzleien?
In der Praxis ist das Thema höchst relevant und reicht von der Vereinfachung und Visualisierung von Verträgen bis hin zur Konzeption und Implementierung der passenden Legal Tech-Strategien und Tools. Da Legal Design eine Methode ist, lässt sie sich überall dort einsetzen, wo es Themen mit rechtlichem Bezug gibt.
Das Thema ist für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, alle Kanzleigrößen und rechtlichen Organisationen etwas. Denn es handelt sich bei Legal Design letztlich um ein Zusatz-Skillset für Juristinnen und Juristen, die wissen wollen, wie sie ihre Mandantschaft künftig besser beraten können. Legal Design hilft dabei, den echten Bedarf der jeweiligen Zielgruppe zu erkennen und die Lösungen darauf abzustimmen. Und genau das ist ja im Grunde das Ziel jedes Rechtsdienstleistungsangebotes, egal welcher Organisationsgröße.
Legal Design zeichnet sich dadurch aus, dass es die Interessen der Nutzenden in den Vordergrund stellt. Kann Legal Design damit auch bei der Mandatsakquise helfen, z. B. auf der Kanzleiwebsite oder in anderen Bereichen?
Absolut! Wenn ich nicht weiß, was mein Mandant bzw. meine Mandantin braucht und wie ich eine auf ihn oder sie abgestimmte Lösung entwickeln kann, werde ich stets am Bedarf vorbeigehen. Das fängt schon damit an, dass es für viele ein Novum ist, mit potenziellen Mandantinnen und Mandanten wirklich in ein Gespräch einzusteigen, in dem die konkreten Bedürfnisse besprochen werden. Viele Juristinnen und Juristen gehen schlichtweg von der eigenen Expertise und damit Geeignetheit aus und sind es nicht gewohnt, auch einmal die Frage zu stellen, was sich ihr Gegenüber eigentlich im Mandat wünscht. Aber genau damit fängt alles an: Die richtigen Fragen zu finden und sie auch zu stellen.
Das Geheimnis liegt dann natürlich darin, wie ich mit den Antworten umgehe und was ich daraus mache. Genau dafür eignet sich die Anwendung des Legal Design-Konzepts. Damit können die passenden Lösungen entwickelt werden, die zu konkreten Antworten für die Website von Kanzleien und den richtigen Angeboten einer Kanzlei führen: Solche, die die eigene Zielgruppe wirklich braucht und auch nutzt.
Sie sind ursprünglich Rechtsanwältin: Wie kamen „legal“ und „design“ in Ihrem Leben zusammen?
Nach meiner Tätigkeit als Anwältin in einer Kanzlei wechselte ich in die Versicherungsindustrie. Ich habe dort als Teil des Managementteams ein Prozessfinanzierungs-Unternehmen mit aufgebaut und die Funktion Marketing und Kommunikation verantwortet. Neben der Zusammenarbeit mit Anwältinnen und Anwälten und rechtlichen Themen erforderte diese Position auch eine enge Zusammenarbeit mit Designer:innen und Fachleuten für Kommunikation. Dabei lernte ich die unterschiedliche Art der Problemlösung kennen, die Designer:innen im Gegensatz zu Fachleuten aus dem Bereich Recht nutzen.
Das faszinierte mich und ich entschied mich dazu, selbst Design zu studieren. Denn ich hatte sofort erkannt, dass das Design bereits viele Antworten besitzt, wenn es darum geht, Komplexes zu vereinfachen und Kommunikation so zu fassen, dass bestimmte Zielgruppen Informationen überhaupt verstehen können. Und genau diese hybriden Komponenten prägen heute auch den Bereich Legal Design.
Frau Kohlmeier, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten.
Das Interview führte Pia Löffler.
Das „Legal Design Buch“ von Astrid Kohlmeier und Meera Klemola ist bei Wolters Kluwer erschienen.
ISBN: 978-3-472-09726-6
Hier bestellen
Foto: Wolters Kluwer