Herr Anwalt Videomarketing

Videomarketing 2020: YouTube, Instagram – TikTok? – Teil 2

Im ersten Teil seines Interviews mit Rechtsanwätin Pia Löffler kam „Herr Anwalt“ Tim Walter bereits darauf zu sprechen, wie er überhaupt auf die Kamera gekommen ist und welche Motivation hinter der Beschäftigung mit Videomarketing steht. Im zweiten Teil des Interviews beantwortet er, warum er nun auch Tik Tok nutzt- und wie ältere Kolleginnen und Kollegen auf seine Netzaktivitäten reagieren.

YouTube ist ein Videomarketing-Klassiker, Instagram für Anwälte schon weniger gängig. Tiktok ist eigentlich ein Thema für Teenager und Studenten. Mit Ihrer Tiktok-Präsenz sind Sie kürzlich sogar einigen Marketingexperten aufgefallen? Warum bespielen Sie welchen Kanal?

YouTube ist in der Tat wohl das bekannteste Tool, wenn es um eine Medienpräsenz mit starkem Fokus auf visuelle Inhalte geht. Instagram darf man sicherlich auch als stark etabliertes Medium bezeichnen.

TikTok habe ich begonnen, weil ich eine neue Herausforderung gesehen habe. Ich habe große Freude daran, mich in diese Netzwerke einzufuchsen und herauszufinden, wie die Mechanismen dort sind und wie sie sich von denen auf anderen Netzwerken unterscheiden.

Ich persönlich betrachte die unterschiedlichen Netzwerke so:

Auf YouTube kann ich längere Beiträge verfassen und mich einem Thema intensiver widmen. Deshalb ist es für Anwälte ein sehr geeignetes Tool, weil sie die Dinge differenzierter als auf anderen Plattformen darstellen können. Das Publikum ist dort aber mit der Zeit durchaus kritischer geworden. Der Vorteil der Plattform ist die klare Struktur und gute Langzeitperformance vieler Beiträge. Ich habe Videos, die selbst nach 3 Jahren noch täglich von 50-100 Zuschauern angesehen werden.

Instagram ist eine starke Feelgood-Plattform. Es ist wie in einer Parallelwelt, in der selbst das Alltägliche immer 2-3 Nuancen schöner ist als in der Wirklichkeit. Die Beiträge haben eine extrem kurze Halbwertszeit. Hashtags sind mittlerweile nahezu nutzlos geworden. Das Wachstum findet m. E. über Netzwerken und Austausch statt. Dafür ist das Publikum äußerst freundlich und da es keine Dislike-Buttons gibt, erlebt man nicht so schnell eine Entäuschung. Deshalb eignet sich die Plattform für Anfänger ganz besonders gut. Wahrscheinlich verdient die Plattform auch am Ehesten der Dreien das echte Prädikat Social Network.

TikTok ist derzeit noch ziemlich anarchisch. Es ist wie im Wilden Westen. Erfolg und Misserfolg sind hier sehr häufig vom Zufall abhängig. Sie können ein Video von Ihrem Frühstück posten und erhalten 50.000 Aufrufe. Sie können aber auch ein zeitintensives und perfekt designtes Produkt abliefern und erhalten dafür lediglich 500 Aufrufe. Das Publikum ist extrem jung. Erst die Zeit wird zeigen, ob die Plattform in der Lage ist, sich zu sortieren und sich weiter zu etablieren.

Last but not least: Ihre Kanzleikollegen sind durchweg ein gutes Stück älter Sie. Wie reagieren die auf Ihre Netzaktivitäten? Vor allem Ihr Vater mag ja offenbar keine Kameras.

Ich kann nicht verhehlen, dass anfangs natürlich eine gesunde Skepsis bestand. Mein Vater – Rechtsanwalt und Notar a. D. – sagt mir auch heute noch jedes Wochenende, dass ich bekloppt sei, die wenigen freien Tage für mein Projekt zu opfern und fragt mich auch ständig, wann ich denn mit meiner Lebenspartnerin einmal länger in den Urlaub fahren möchte.

Dann entgegne ich Ihm, dass er jahrzehntelang fast jedes Wochenende mit seiner Oldieband „Les Clochards“ im ganzen Kreis Unna herumgeturnt ist und sich dabei auf der Bühne in aberwitzige Kostüme geworfen hat. Ich glaube, ein bisschen steckt dieser Drang zum Präsentieren also auch in den Genen.

Mittlerweile haben sich alle Beteiligten aber daran gewöhnt, dass der Junior am Wochenende sein Bürozimmer in ein kleines Fernsehstudio umwidmet, stecken dann den Kopf durch die Tür und fragen, welches Thema ich denn diesmal beackere. Nicht selten entwickelt sich dann auch ein kleines Zwiegespräch zu dem jeweiligen Thema, woraus ich noch einmal eine andere Sichtweise für meinen Input bekomme – und dann kann ich in letzter Sekunde den Inhalt nochmal justieren. Und ein paar Mal habe ich meinen Vater ja schon vor die Kamera bekommen.

Ich selbst habe von ihm gelernt, wie man langsam seine eigene Anwaltspersönlichkeit entwickelt. Ich bin sicher: Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Jurist könnte er sicherlich nicht nur mir, sondern auch zahlreichen Studenten und Kollegen weiterhelfen. Er weiß es noch nicht, aber er wäre ein sehr guter YouTuber, denn er ist ein fantastischer Storyteller.

Herr Anwalt, Herr Kollege Walter – herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten!

Lesen Sie hier Teil 1 des Interviews: Videomarketing 2020: YouTube, Instagram – TikTok?

Foto: Adobe Stock/©fizkes