Stimmtraining

Souveräne Kommunikation für Anwältinnen und Anwälte

Mittlerweile dreht sich alles um Vertrauensbildung. Auch für die Anwaltschaft. War es früher noch so, dass Anwältinnen und Anwälte einen Vertrauensvorschuss genossen, ist heute partiell sogar das Gegenteil der Fall: Man misstraut ihnen. Ein Grund für dieses mangelnde Vertrauen ist eine Sprachverwendung weit weg vom Bedarf und der Sprachroutine der Mandantschaft. Was souveräne Kommunikation ausmacht, und warum sie gerade für die Anwaltschaft so wichtig ist, lesen Sie hier.

Was bisher geschah

Passive Sätze, Substantivierungen und Adjektive wohin das Auge reicht – so waren Texte von Anwältinnen und Anwälten früher regelmäßig aufgebaut. Egal, ob es um Schreiben an die Mandantschaft ging oder um Blog-Beiträge. Kryptisch formulierte Endlossätze, hingehegelt (Vermerk: von mir erfundenes Verb in Anlehnung an den deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel) von intellektuellen Berufsträgern – ein Feuerwerk konzentrierter Unverbindlichkeit ließ Konfrontierte mit bangem und fragendem Blick zurück. Uff!

Heute hat sich das Blatt gewendet. Noch immer tendiert die geneigte Anwaltschaft zu langen Sätzen, zu Komplexität und zu passiven Satzstellungen, aber: Sie lernte, juristische Komplexität journalistisch aufzubereiten. Souveräne Anwältinnen und Anwälte legen heute sprachlich eine Hand auf die Schulter der Mandantschaft, formulieren im Aktiv und bilden kurze Sätze.

Warum das alles?

Wenn Anwältinnen und Anwälte an die Mandantschaft schreiben, schreiben sie heute auch für die Mandantschaft. Das sind in der Regel keine gutachterlich gestylten Sprachklumpen mit Verwirrungsfaktor, sondern Texte, die informieren, helfen oder sensibilisieren sollen. Wenn sich allerdings der erste Satz eines Textes am Ende bereits so anfühlt, als wäre sein Anfang eine sehr blasse Erinnerung aus der Kindheit, ist etwas falsch gelaufen.

Das Schlimmste: Zu komplexe Texte an die Mandantschaft wirken nicht souverän und untergraben damit massiv die Vertrauensbildung. Dabei ist Vertrauen nicht nur der Anfang von allem, sondern lässt die Anwaltschaft im besten Fall frei im Wunsch-Mandat arbeiten. Das lohnt sich, weil es Zeit spart und den Prozess der Wertschöpfung nicht unterbricht.

Aber – schon vor dem Kontakt mit einem Mandanten ist souveräne Kommunikation wichtig. Schaut man sich den sogenannten Sales Funnel von Anwältinnen und Anwälten an, also den Verkaufsprozess, so erkennt man, dass er schon sehr, sehr früh beginnt. Eigentlich fängt er bereits mit dem Gedanken an die Mandantschaft, an ihr Geschäft und natürlich an die Herausforderungen, denen sie begegnen, an. Was könnte das Geschäft Ihrer Mandantschaft torpedieren (gilt für das B2B-Geschäft, also Mandate aus der Wirtschaft)? Welche Fragestellungen ergeben sich daraus? Worauf muss jetzt geachtet werden? Und die allerwichtigste Frage ist: Gehen Sie proaktiv auf die Mandantschaft zu? Verstehen Sie sich als die ausgelagerte Rechtsabteilung Ihrer Mandantschaft und empfinden einen Informationsdrang in ihre Richtung? Das ist schon mal super und besonders. Aber die Information muss eben auch verdaubar sein und im besten Falle den Beratungsbedarf befeuern.

Aber wie?

Wenn Sie für die Mandantschaft schreiben, verzichten Sie auf Komplexität. Komplexität in der Sprachverwendung nutzen Sie in aller Regel, um den Haftungsausschluss zu erreichen. Deshalb ist die kurze Lieblingsantwort auf die Frage „Was ist jetzt zu tun?“ von Ihnen: „Es kommt darauf an.“ Super – damit kann keiner etwas anfangen und es vermittelt zudem, dass Anwältinnen und Anwälte rumeiern, also entweder gar nichts dazu sagen können oder ängstlich sind.

Souveräne Kommunikation geht anders. Sie versteht sich auf Augenhöhe und vermittelt viel Verständnis für das Geschäft. Souveräne Kommunikation fürchtet nicht, dass das Damoklesschwert der Haftung über dem anwaltlichen Haupt schwingt, sondern hat Mut zu Verbindlichkeit. Souveräne, informative Kommunikation mit der Mandantschaft funktioniert nach dem Motto: Sprich über das, was Du weißt, und verkaufe das, was Du kannst.

Formulieren Sie die Sätze so kurz wie nur möglich. Verwenden Sie sprachliche Bilder, die mitfühlen lassen. Formulieren Sie im Aktiv. Gliedern Sie Texte mit sinnvollen Zwischenüberschriften. Vermeiden Sie Zynismus oder gar eine Einordnung (oft gelesen: Sätze wie „Das Gericht kam zu Recht zu dem Schluss …“). Ich persönlich bin für die Verbannung von Paragraphen, wenn es irgendwie möglich ist. Denn die Mandantschaft verlässt sich auf Anwältinnen und Anwälte. Dass sie ausreichende Kenntnis von Rechtsgrundlagen haben, müssen sie nicht beweisen. Auch das ein Zeichen von Souveränität.

Foto: Adobe Stock/©fizkes